GESCHICHTE

Postkarten sind meist rechteckige Karten, in der Regel aus Karton, die als offen lesbare Mitteilungen per Post verschickt werden. Die Postgebühren sind in vielen Postgebieten niedriger als für einen Brief. Nachdem in den USA bereits im Jahr 1861 private Karten gesetzlich zugelassen waren, wurden sie postamtlich zum ersten Mal am 1. Oktober 1869[1] in Österreich-Ungarn mit der Bezeichnung „Correspondenzkarte“ eingeführt. Zunächst konnten Postkarten national und international lediglich auf Basis zweiseitiger Abkommen verschickt werden. Ab 1878 konnten sie in die meisten Länder der Erde international verschickt werden. Eine Ansichtskarte ist eine Postkarte mit einem Bilddruck oder Foto auf der Rückseite.[2] Die Ansichtskarte wird manchmal nicht ganz korrekt als Bildpostkarte bezeichnet, da es zudem eine eigenständige Form der Postkarten mit diesem Namen gibt.

 

Quelle:http://de.wikipedia.org/wiki/Postkarte

Hier ein kurzer historischer Abriss

 

Seit 1870 heißt es: "Das Wetter könnte besser sein. Wie geht es dir?"

 

Ab 1900 verzeichnete die Ansichtskarte einen gewaltigen Erfolg. Parallel zu Stadt- oder Dorfaufnahmen veröffentlichten die Herausgeber unter dem Sammelbegriff «Fantasie-Postkarten» auch unterhaltsamere Bilder: Glückwunsch- oder 1. April-Karten, in Bild umgesetzte Sprichwörter, imaginäre, komische oder auch erotisierende Szenen. Um diese visuellen Kuriositäten zu gestalten, griffen die für die Verleger tätigen Fotografen zu einer ganzen Palette technischer Kunstgriffe – Montage, Doppelbelichtung, optische Verzerrung, Großaufnahme usw. – die bei den Fachleuten gut, beim breiten Publikum aber noch recht wenig bekannt waren. Diesen ungemein spielerischen

 

Umgang mit dem Bild, den die Postkartenindustrie in den ersten Jahrzehnten des 20. Jahrhunderts an den Tag legte. Die blühende visuelle Fantasie, die die allgemeine Begeisterung für Postkarten auslöste, blieb nicht ohne Wirkung auf die Fotografie der Zeit, wie sie in den Kreisen der Amateur- und Berufsfotografen, aber auch im Feld der Kunst praktiziert wurde. Paul Éluard, André Breton, Salvador Dalí und weitere Künstler der 1920er und 1930er Jahre sammelten Fantasiepostkarten. Hannah Höch, Herbert Bayer, Man Ray, um nur einige zu nennen, benutzten sie als Material und als Modell für ihre eigenen Werke. Vielleicht waren diese Postkarten, wie Paul Éluard es damals vermerkte und wie es Frankierte Fantastereien nun nachzuvollziehen erlaubt, «nicht Kunst», sondern gerade mal das «Kleingeld der Kunst», jedoch vermochte dieses Kleingeld manchmal die

«Vorstellung von Gold» zu vermitteln.

 

Gerade die Deutschen waren Weltmeister im Produzieren und Versenden von Postkarten, und wenn sie nicht so ängstlich gewesen wären, wären sie auch die Allerersten gewesen. Denn schon ein paar Jahre bevor die Österreicher 1869 die „Correspondenzkarte“ einführten, hatte der Deutsche Heinrich von Stephan sie sich ausgedacht. Aber die Bedenkenträger hatten Angst davor, dass man Nachrichten einfach so, ungeschützt, durch die Welt schicken würde, Briefträger, Dienstmädchen und Kinder vertrauliche Botschaften lesen könnten. Erst am 1. Juli 1870, Heinrich von Stephan war inzwischen Generalpostdirektor des Norddeutschen Bundes, wurde die Karte auch hierzulande eingeführt. Kaufen konnte man sie schon eine Woche vorher, allein in Berlin gingen am ersten Tag 45 500 Stück über den Tisch. Dabei sahen sie nicht mal besonders attraktiv aus: ein Stück Pappe, 10,8 mal 16,3 cm groß, mit integrierter Briefmarke.

 

Anfangs waren Bilder gar nicht erlaubt. Aber damals brauchte man diese in der Regel auch nicht, um zu wissen, wie es dort aussah, wo der Absender gerade war. Denn meist wurden sie eher aus der Nähe als aus der Ferne verschickt: als Kurzmitteilung, schnell geschrieben und transportiert. Ein Vorläufer der SMS. Briefe waren bis dahin eher eine Sache des gebildeten, wohlhabenden Bürgertums, Briefe mussten, so der Anspruch, gut und höflich formuliert sein und waren teuer im Transport. Die Berechnung des Portos war hoch kompliziert, richtete sich nach Gewicht und Strecke, es musste oft vom Adressaten bezahlt werden. Mit der Einführung der Karte wurde das Ganze radikal vereinfacht und demokratisiert: Man brauchte nicht alles einzeln zu kaufen, Briefpapier, Umschlag und Marke, es gab nur noch eine Gebühr, und die betrug die Hälfte vom Brief – eine Regelung, die fast 100 Jahre lang, bis 1963 galt. In einer Zeit ohne Auto und Telefon bedeutete die Postkarte eine revolutionäre Verbesserung des Lebenskomforts. Die Post wurde dreimal am Tag, in Berlin sogar bis zu elfmal ausgeliefert – steckte man morgens seine Nachricht ein, konnte man sich abends mit dem Adressaten treffen. Und die Formlosigkeit blieb das geschätzte, befreiende Markenzeichen des Mediums – „Postkarte genügt“ –, reizte einen Schriftsteller wie Jurek Becker, zu spielen mit dem Medium, dessen begrenzter Platz gerade als Herausforderung reizvoll ist.

 

Bald nach ihrer Einführung wurden die nüchternen Kartons auch aufgehübscht, der Hunger nach Bildern war gewaltig. Kein Kino und kein Fernseher, die Museen eher elitäre Institutionen, da waren die Karten kleines Kino: Weltausstellungen, Bergpanoramen, Betrunkene am Laternenpfahl, Politiker, Zeppeline, Marktplätze, Eisenbahnen, Eiffelturm, Hunde mit Zylinder und Blumenstrauß, Schmetterlinge, überhaupt: Tiere und Kinder en masse, Liebespaare, Hochhäuser, Artisten, Damen im Badeanzug, in der neueste Mode und ganz nackt, Muskelprotze, Thronjubiläen, auch Brandkatastrophen und Überschwemmungen – die aktuellen Karten waren die Tagesschau von einst, meint Gerhard Kaufmann in seiner Kulturgeschichte der Postkarte, „Viele Grüße ...“. Liebe, Humor, Drama, Erotik, im 2D-Kino waren alle Gefühle erlaubt, ja, oft auf einer einzigen Karte vereint. „Landschaft, begehrliche Erregung, fromme Gefühle, patriotische Andacht und nationalistischer Hass flossen, wenn es irgend möglich war, ineinander“, so Kaufmann.

 

Im Grunde ist die Ansichtskartenindustrie ja bis heute eine einzige Traumfabrik. Auf den Bildern sieht der Urlaub immer genau so aus, wie er sein sollte: der Himmel blau, der Strand leer, das Hotel luxuriös, die Menschen freundlich. The medium is the message – der Medientheoretiker Marshall McLuhan hat recht gehabt. Zum Glück. Denn nicht jeder Absender ist ein großer Autor wie Franz Kafka, der Karten als Intermezzo zwischen seinen vielen Briefen schickte. Bei den meisten ist die geschriebene Botschaft ziemlich banal: Wie geht es dir, mir geht es gut, die Sonne scheint, das Bier ist fad, die Nudeln schmecken, Rosi hat sich einen neuen Badeanzug gekauft. Aber wer achtet schon auf den Text, wenn er ein gutes Bild vor Augen hat.

 

Wichtig ist ohnehin weniger, was man schreibt, als dass man schreibt. „Du liebe Hühnerkastanie“, gestand Jurek Becker, der 1997 gestorben ist, seinem Sohn Johnny einmal per Post, „wenn ich so sitze und arbeite, muss ich andauernd an Dich denken. Kannst Du mir erklären, warum? Und kannst Du mir erklären, warum ich Dir andauernd Karten schreibe, obwohl ich Dir dasselbe auch sagen könnte?“ Beckers Frau Christine konnte erklären, warum: Es war eine Art Händchenhalten. Der Schriftsteller war so oft weg, auf Reisen oder aber am Schreibtisch versunken, dass er fürchtete, den Kontakt zu seinem kleinen Sohn zu verlieren. Im Grunde ist ja jede Urlaubskarte nichts anderes als das – Händchenhalten. Die Botschaft ist simpel: Ich denk an dich. Das wird allerdings auch erwartet. Was einmal Ausdruck von Freude war oder von Stolz, ist für viele zur schrecklichen Pflicht erstarrt, die im letzten Moment, am Flughafen, erledigt wird.

 

Am Anfang war die Qual des Schreibens noch stark begrenzt: Auf der Ansichtskarte war kaum Platz für eigene Worte, die mussten alle mit auf das Bild gekritzelt werden. Die andere Seite war für Absender, Adresse und Briefmarke reserviert, erst um 1905 wurde die Seite geteilt, um links Platz für den Text zu schaffen. Aber „Gruß aus“, wie es auf den meisten Karten in Schreibschrift gedruckt stand, reichte ja auch fast schon. Damit war das Wesentliche gesagt: Ich war da. „Gruß aus“ wurde selbst in anderen Sprachen zum Fachausdruck der Branche für die entsprechenden Ansichtskarten. Die Deutschen prägten nämlich postkartentechnisch die Welt, niemand schickte und sammelte so viel, und zeitweise gingen 50 Prozent der deutschen Produktion in den Export. 1899 wurden hierzulande 88 Millionen Karten hergestellt, in England 14, in Frankreich gar nur acht Millionen. Im Jahr 1903 wurden 1,2 Milliarden Karten befördert. Die goldenen Jahre werden von den Experten ziemlich genau von 1895 bis 1918 datiert.

 

Für den Boom gab es diverse Gründe. Da war zum einen die junge Lithografie, die plötzlich kunstvolle Drucke erlaubte; die neue Mobilität sowohl der Post wie der Menschen durch die Entwicklung der Eisenbahn; der Überschwang des Fin de Siècle – und dann der Krieg, in dem hunderte Millionen Feldpostkarten versandt wurden.

Mit viel Witz und Fantasie spielten nicht nur Künstler zu Anfang des 20. Jahrhunderts mit den Möglichkeiten der kleinen Karte, mit Montage, Collage und Inszenierungen ihre Botschaften zu verschicken. Vielleicht regt das ja auch zum Nachahmen an. Denn nie brauchten wir die Postkarte so nötig wie heute. Oft ist die Karte die einzige persönliche Note im Briefkasten zwischen Werbung und Steuerbescheid. 2006 wurden zwar immerhin noch 225 Millionen Postkarten von der Deutschen Post befördert. Doch die Produzenten klagen über sinkende Absatzzahlen. Auch für den Abstieg kann man viele Gründe finden. Heute ist die Postkarte kaum noch billiger als ein Brief, der dafür meistens schneller befördert wird. Die Konkurrenz der Bilder ist enorm, jeder hat ein Handy, eine Digitalkamera, aufwendigere Grußkarten landen im Briefumschlag. Wirtschaftlich und politisch wurde es nach dem Ersten Weltkrieg ernster, das Reisen hat den Reiz des Exotischen verloren, und die Urlaubspost kommt heute per SMS, MMS oder als Email aus dem Internetcafé.

 

Doch das virtuelle Bild kann das reale nie ersetzen. Da kann man auch gleich zu Hause bleiben. Und holt sich die Karten auf dem Weg zum Klo. In den düsteren Kneipenfluren stecken bunte Gratiskarten in Ständern und machen Werbung für Konzerte, Lesungen, Bier. Neu ist auch das nicht, im Gegenteil. Metzger, Gasthöfe, Firmen gehörten zu den Ersten, die das Potenzial des Massenmediums erkannten, Reklame machten für Schokolade, Motoröl und Seifenflocken. Denn gerade das, was die einen für abschreckend hielten, machte für andere ihren großen Vorteil aus: dass Karten ihre Botschaft offen zur Schau trugen, kein Geheimnis für sich behielten. Deshalb liebten die Zensoren sie, weil sie nicht erst Umschläge, womöglich noch heimlich, öffnen mussten. Und wer Propaganda machen wollte – für den Kaiser, den Führer oder eine zweitrangige Schauspielerin –, nutzte sie.

 

Gerade für Künstler waren sie die einfachste und günstigste Methode, sich zu verbreiten: die Post als virtuelles Museum. Was später als Mail Art bekannt wurde, gab es schon zu Anfang des 20. Jahrhunderts. Vor allem der Jugendstil nutzte das kleine Format, auch die Künstler des Blauen Reiters waren bekannt für ihre gestalteten Mitteilungen. Sie nutzten die Karten als Spielwiese, manche verschickten sogar Originale. Ende des 20. Jahrhunderts bescherte der Boom der Kunstpostkarte dem Genre noch mal eine Renaissance. Allerdings litten die Artisten auch unter dem Erfolg der technischen Reproduzierbarkeit. Wer Chagall eine Million Mal im Kleinformat gesehen hat, nimmt ihn im Original nicht mehr ernst. Als historische Quellen sind Postkarten ohnehin von unschätzbarem Wert. Die Entwicklung einzelner Städte kann man mit ihrer Hilfe illustrieren, Gebäude rekonstruieren, die Geschichte eines ganzen Jahrhunderts erzählen. Feldpostkarten sind bis heute berührende Zeugnisse – und sie erzählen oft eine andere Geschichte als die, die zeitweise in den Schulbüchern zu lesen waren. Die Familien haben sie sorgsam aufbewahrt, denn die „ephemeren Druckerzeugnisse“, wie sie offiziell heißen, sind so flüchtig nicht. Sie sind mehr als billige Souvenirs: Andenken für die Ewigkeit.

http://www.tagesspiegel.de/politik/geschichte/urlaubsgruesse-alles-auf-eine-karte/1282388.html

http://de.wikipedia.org/wiki/Postkarte

 

Literatur:

 

Gerhard Wietek

Gemalte Künstlerpost

Thiemig 1977

 

Karten und Briefe

Franz Marc&Else Lasker Schüler

Büchergilde Gutenberg 1987

 

MAIL ART BERN BERLIN

Ausstellungskatalog Rathaus Charlottenburg

1987

 

Frankierte Fantastereien

Fotomuseum Winterthur-Jeu de Paume Paris-Folkwang Museum Essen

Ausstellungskatalog 2007

 

ARTE POSTALE

Bilderbriefe, Künstlerpostkarten, Mail Art

Akademie der Künste

Berlin, 2013

 

 

 

Kontakt:

 

Andreas Petzold

POSTKARTENÄNDEREI

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